Von Bienen zu dem größten Greifvogel im Alpenraum ist es nur scheinbar ein großer Schritt. Denn in der Natur hängt alles zusammen und Insekten wie Vögel sind gleichermaßen auf intakte Ökosysteme angewiesen.
So lud der Imkerverein Freilassing und Umgebung e.V. den Vorsitzenden des LBV Berchtesgadener Lands und Leiter des Bartgeier-Wiederansiedelungsprojekts im Nationalpark Berchtesgaden Mag. Toni Wegscheider zu einem Vortrag im Freilassinger Rathaussaal ein.
Schon als Viertklässler habe er damals in der Grundschule sein erstes Referat über den beeindruckenden Aasfresser gehalten. Einem Lottogewinn gleich käme es nun, dass er sich nun beruflich mit dem Bartgeier auseinandersetzen darf.
Begeistert erzählte Wegscheider von Leben und Verhaltensweisen des Vogels und zog das Publikum, darunter auch viele Kinder, schnell in seinen Bann.
Der im gesamten Alpenraum durch Menschenhand ausgerottete Bartgeier hat die besondere Rolle des Aufräumers. Er ernährt sich von den Knochen verendeter Tiere, die er mit der schärfsten Magensäure im Tierreich ohne Probleme verdauen kann. Übrig bleibt, so Wegscheider, nur weißer, fester calciumhaltiger Vogelkot, der zugegebenermaßen eigentümlich riecht, jedoch als Tafelkreide brauchbar sei. Mit fast drei Metern Flügelspannweite und einem Gewicht von 7-9kg ist er ein wahrer Riese, der keine natürlichen Feinde hat. Nur der Steinadler attackiert ihn manchmal, wenn es um die Nutzung der gleichen Thermik an steilen Berghängen geht. So kann der Geier, der erst nach zehn Jahren erfolgreich Junge großzieht, bis über 30 Jahre alt werden.
Problematisch ist für die Aasfresser jedoch immer noch die Verwendung bleihaltiger Munition bei der Jagd. Das giftige Schwermetall nehmen die Tiere beim Fressen von Überresten von erlegtem Wild auf und reichern es im Körper an. Das Verbot bleihaltiger Munition in bayerischen Staatsforsten begrüßt der Biologe daher ausdrücklich.
Im Berchtesgadener Land wurden bisher 4 Bartgeier aus spanischer Nachzucht angesiedelt. Mit dem Projekt sollen die Populationen im Ostalpenraum gestärkt werden und eine Brücke zu Populationen auf dem Balkan geschlagen werden. Denn „Bartgeier ziehen Bartgeier an“, so Wegscheider. Angelockt durch das Vorkommen der Tiere im Nationalpark konnten inzwischen mehrere Bartgeier aus anderen Alpenregionen, darunter auch Wildnachzuchten, beobachtet werden.
Begeistert berichtete der Biologe von den Strapazen, die er und seine zahlreichen haupt- und ehrenamtlichen Helfer auf sich nehmen, um die Jungtiere in die Auswilderungsnische zu bringen, über Wochen und Monate zu füttern und zu beobachten.
Zum Schluss des kurzweiligen Vortrags lud Toni Wegscheider die Imker und alle Interessierten ein, am Beobachtungs- und Infopunkt in der Halsgrube im Nationalpark Berchtesgadener Land vorbeizukommen und die faszinierenden Bartgeier mit eigenen Augen in freier Wildbahn zu bestaunen.
Auch im nächsten Jahr wird der Freilassinger Imkerverein wieder einige öffentliche Vortragsabende rund um Bienen, aber auch mit Ausflügen in andere Bereiche der Natur und Umwelt, anbieten. Hierzu sind Interessierte immer herzlich willkommen.